Gartentagebuch

November

Das Ende der Saison

Nur das Wintergemüse steht noch im Beet. Aber viele Kräuter starten noch einmal durch

Die Feuchtigkeit der vergangenen Wochen hat dem Garten gut getan. Die Erde, zumindest der Oberboden, ist dunkel, und es wächst saftiges, frisches Grün. Leider nicht so sehr die Feld- und Wintersalate, die ich vor etlichen Wochen gesät hatte. Dafür aber eine bunte Mischung aus Mutterkraut, Ringelblumen, verschiedenen Gräsern und Nachtkerzen, die sich im Gemüsebeet ausbreiten. Doch auch die Petersilie macht sich, sie hat noch nie so gut ausgesehen wie in diesen Tagen, und scheint noch zu wachsen. Auch der Porree und der Grünkohl werden allmählich größer. Der Mangold hat Mehltau, da werden wir nichts mehr ernten, dafür gibt es noch jede Menge Rote Bete – zwar nicht besonders groß, aber lecker. Die trockenen Schoten der Feuerbohnen sind gepflückt und die Bohnenkerne eingelagert, noch immer hängen etliche grüne an den Ranken. Verpasse ich den Zeitpunkt zum Pflücken, verschimmeln sie an den Trieben.

Der Herbst ist Zeit für eine Bilanz. Ganz zufrieden bin ich mit dem Gartenjahr nie, auch in diesem Jahr nicht – wenn es um die Erträge geht. Trotz regelmäßigen Gießens haben es auf dem neuen Beet kein Kürbis und keine einzige Zucchini geschafft. Der Mais ist kleiner geblieben, als ich gehofft hatte, und die letzte Saat der Wintersalate nur sehr spärlich gekeimt. Dass die Erbsen und frühen Salate prima waren, ist inzwischen fast vergessen. Gut gewachsen sind jedenfalls die Brombeeren, die ich im Frühjahr gepflanzt hatte. Sie machen lange Triebe, die das – eigentlich angemessen große –  Rankgerüst ein bisschen läppisch wirken lassen. Im Frühjahr werde ich sie beschneiden. Obst ist generell vielversprechender als Gemüse, zumindest gemessen an den Johannisbeeren, Pflaumen, Äpfeln und Quitten in diesem Jahr.

Im Garten läuft es fast nie nach Plan, und glücklicherweise geht es ja um viel mehr als nur Ertrag. Trotz wenig Gemüse und vielen ungebeten gekommenen Kräutern ist der Garten ein wunderbarer Ort: um die Sonne zu genießen, sich an Blüten und Pflanzen zu erfreuen, Tiere zu beobachten, und mal mehr, mal weniger einzugreifen. Und, nicht zu vergessen, Pläne zu schmieden, denn hier ist alles ständig im Wandel. Wo ist noch Platz für ein Obstgehölz? Was kommt an die Stelle im Beet, die derzeit von Wildkräutern zugewuchert wird? Wie viele Herbstanemonen müssen raus, damit noch andere Stauden leben können? Sollen wir ein Tomatenhaus bauen oder lieber wieder auf bewährte Freilandsorten setzen? Und wollen wir die morschen Beetumrandungen einfach erneuern oder zum Anlass nehmen, in größerem Stil umzugestalten? Dafür sind die Herbst- und Wintermonate ein guter Zeitpunkt. Was dann tatsächlich umgesetzt wird, zeigt sich im Laufe des kommenden Jahres.

Oktober

Kühle Erfrischung

Regen tut dem Garten gut – Noch blüht einiges, doch das Laub wird bereits bunt

Endlich Regen. Allmählich erholt sich die Erde, zumindest in den oberen Schichten. Beim Graben fällt auf, dass der Boden weiter unten immer noch trocken ist. Es wird lange dauern, bis die Speicher wieder aufgefüllt sind. Doch zumindest lässt sich wieder arbeiten. War die Oberfläche noch vor wenigen Wochen hart wie Beton, kommt man jetzt mit dem Spaten hinein und kann Stauden teilen, umpflanzen, oder Blumenzwiebeln setzen. Ich versuche, einen alten Bestand von Schwertlilien zu teilen. Die Rhizome sind so fest, dass ich mich auf den Spaten stellen muss, um überhaupt hineinzukommen. Auch eine kleine Herbstanemone grabe ich aus, die sich hartnäckig im Gemüsebeet hält. Die Wurzeln reichen 30 Zentimeter tief. Die Pflanze ist eine Überlebenskünstlerin und schafft es, dort hin zu wachsen, wo der Boden ausnahmsweise auch weiter unten noch etwas feuchter ist.

Das Argentinische Eisenkraut, das sich ebenfalls zwischen den Zucchinipflanzen angesiedelt hat, blüht noch, ihm hat die lange Trockenheit wenig ausgemacht. Den Gemüsepflanzen dagegen schon eher. Vielleicht haben sie auch zu wenige Nährstoffe gefunden, aber trotz drei gut aussehender, reich blühender Pflanzen habe ich keine einzige Zucchini geerntet. Der Hokkaidokürbis, der zumindest eine lange Ranke gebildet hatte, ist vertrocknet. Vom Mais gab es immerhin einige kleine Kolben, die sehr gut geschmeckt haben. Und die Bohnen waren produktiv. Die Schoten hängen noch und werden geerntet, wenn sie richtig trocken geworden sind. An freien Stellen habe ich noch im September Winter- und Feldsalat gesät, bisher keine Spur von Keimlingen. Wahrscheinlich war es nicht feucht genug oder die jungen Pflänzchen sind an den letzten warmen Tagen verdorrt. Ich habe es noch einmal versucht, auch wenn es für eine Aussaat eigentlich schon zu spät ist. Vielversprechend sind noch der Lauch und die Palmkohlpflanzen, auch einige Rote Bete stehen noch im Beet.

Jetzt werden auch die Quitten reif. Diejenigen, die mehr Sonne abbekommen haben, sind bereits leuchtend golden und duften, andere sind noch zitronengelb. Schwer zu schätzen, wie viel der Baum trägt, die Zweige biegen sich wieder bis zum Boden. In einen Stoffbeutel passen etwa zehn Kilo der Früchte, bisher haben wir fünf oder sechs Beutel voll gepflückt, was nicht weiter auffällt. Aus den Quitten machen wir Kuchen, Mus, Kompott und später auch Saft und Gelee.

Möglich, dass wir im kommenden Jahr auch mehr Erdbeeren ernten können. Denn eine der Pflanzen, die Sorte ‚Mieze Schindler‘, hat Ausläufer gemacht. Seit mehreren Jahren hatte sie im Beet vor sich hin gedümpelt, am neuen Platz, den sie im Frühjahr bekommen hat, geht es ihr offenbar gut.

September

Junges Grün im Beet

Zwar ist Erntezeit, manche Pflanzen setzen aber zur zweiten Runde an

 Nach zwei Wochen Urlaub hat sich der Garten nur wenig verändert. Ein Zeichen, dass sich die Saison dem Ende zuneigt. Während im Frühsommer die Beete nach zwei Wochen Abwesenheit kaum wiederzuerkennen sind, finde ich alles in ähnlichem Zustand vor. Der Mais reift, die Bohnen wuchern und der Hokkaido-Kürbis hat eine lange Ranke bekommen. Dazwischen stehen Ackerwinde und Fingerkraut, die sich ein bisschen ausgebreitet haben. Eine gekaufte Kürbispflanze ist ohne ersichtlichen Grund eingegangen, die mickerige Gurke hat eine einzelne kleine Frucht angesetzt, und die Zucchini tragen nach wie vor nur Blüten. Mit ihnen habe ich nach wie vor kein Glück. Die Paprika tragen kleine Schoten, die bereits bräunlich werden. Mangold, Porree und Bete sind unmerklich gewachsen, die Salate ebenfalls, immerhin sind sie noch nicht geschossen. Die Palmkohl-Pflänzchen wachsen auch nur langsam unter dem Netz, das sie gegen pickende Tauben schützen soll. Sie hätten früher aus dem Topf auf das Gemüsefeld gepflanzt werden müssen, was ich aber wegen der Hitze herausgezögert hatte. Jetzt ist es höchste Zeit, die frei werdenden Reihen neu zu besetzen, zum Beispiel mit Feldsalat oder Spinat.

Die ersten Trockenbohnen sind geerntet, die „Schwarze Kugel“ macht ihrem Namen alle Ehre und sieht gut aus. Doch ist der Ertrag eher gering. Aus etwa fünf gesunden Pflanzen ernte ich zwei Hände voll Bohnenkerne – etwa die Hälfte von einem gekauften Paket Trockenbohnen. Das macht bescheiden und lässt den Respekt gegenüber dem Essen und den Menschen, die es professionell anbauen, wachsen. In größeren Mengen werden wir wohl Käferbohnen ernten, die hoch in den Himmel ranken und immer noch blühen, auch wenn sie schon Schoten tragen.

Im Überfluss gibt es dagegen Früchte. Die Zwetschgen, im August reif geworden, waren kaum zu bewältigen: 20 Kilo haben wir alleine von den Zweigen gepflückt, die mit einer Leiter leicht zu erreichen waren. Sie wurden eingefroren und eingemacht, zu Kuchen und Mus verarbeitet und verschenkt. Bei den Äpfeln ist es ähnlich, wir haben literweise Mus gekocht. Und bald werden die Quitten reif. So schwer es mir gefallen ist: dieses Jahr habe ich etliche bereits unreif abgepflückt, damit nicht auch hier Äste brechen wie im Pflaumenbaum. Denn die Zweige biegen sich wieder fast bis auf den Boden.

Viele Pflanzen sind dabei, sich zu versamen. Die Phacelia darf sich gerne von alleine vermehren, eindämmen wollte ich eigentlich das Mutterkraut. Die Pflanze wollte ich zurückschneiden, ehe die Saat fällt, denn das Beet ist ohnehin bereits voller Keimlinge. Doch den Zeitpunkt habe ich verpasst. Auch die Wilde Karde knistert bereits trocken, wenn man sie streift, und ihre Samen bald verstreuen.

August

Erntezeit

Pflaumen und Äpfel reifen – Herbstanemonen sind aufgeblüht

Die letzten Brombeeren sind an den Zweigen vertrocknet. Auch wenn es in diesem Sommer deutlich öfter geregnet hat als im vergangenen: Tagelange Hitze setzt den Pflanzen zu. Großen Gehölzen, die schon lange an einem Ort stehen und tiefe Wurzeln gebildet haben, macht das nichts aus. Aber die Brombeere scheint bei Dürre diejenigen Triebe, die bereits getragen haben, nicht weiter zu versorgen.  Am schwersten haben es aber die Kleinen, die gerade erst Wurzeln schlagen wie die Salatpflänzchen, die ich vor einigen Wochen vorgezogen und ausgepflanzt hatte. Nicht alle schaffen es, und wir bekommen eine deutlich kleinere Ernte als erwartet. Robuster ist die Gründüngung, mit der ich ein Stück Beet eingesät habe. Borretsch, Strandhafer, Tagetes und Ölrettich sollen enthalten sein, die Rettichpflänzchen sind schon einige Zentimeter hoch und winzige Tagetes sichtbar. Wenn sie größer werden, wird das hoffentlich auch den Fuchs abhalten, der sich im Schrebergarten herumtreibt. Er hat nämlich in den letzten Wochen häufig auf das Beet gemacht. Nicht appetitlich, wenn nur einen Meter weiter der Salat wächst, und auch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, da das Tier theoretisch mit dem Fuchsbandwurm infiziert sein könnte.

Mehr Spaß macht die Ernte der Äpfel und der Zwetschgen. Beides wird jetzt reif, wenn auch in deutlich geringeren Mengen als im Vorjahr. An der Pflaume sind – wie üblich im gleichen Rhythmus der Quitte – vergleichsweise wenige Früchte, die uns aber immer noch vollkommen ausreichen. Aber auch hier gibt es etliche Mitspieler. In den Zwetschgen fressen die Larven des Pflaumenwicklers, in den Äpfeln war der Apfelwickler zugange. Beide haben sich dieses Jahr wieder vermehrt, dennoch bleibt auch für uns genügend übrig.

Überall im Garten blühen die Herbstanemonen und zeigen an, dass der Höhepunkt des Sommers überschritten ist. Phänologisch ist ohnehin längst Frühherbst – Holunderbeeren und die ersten Nüsse werden reif. Auch die Wilde Möhre steht in den Beeten, viele der Blüten haben sich schon nestförmig zusammengekrümmt. Hier bilden sich die Samen aus und werden trocken. Auch die Karden sind präsent, noch frisch grün, doch beginnen sie bereits, bräunlich zu werden. Wenn ich nicht aufpasse, werden sie sich zahlreich vermehren. Wobei mir die Karde fast überall willkommen ist.

Inzwischen haben wir auch endlich die Beetumrandungen erneuert, morsche Bretter ausgetauscht und mit einer Reihe Pflastersteine stabilisiert, den Maschendraht neu gespannt. Die Wege, über die der Giersch ins Gemüse zu wachsen drohte, sind dick gemulcht. Bisher lassen sich Triebe, die dennoch vereinzelt auftreten, gut im Blick behalten.

Juli

Sommerstimmung

Grillen zirpen im Gras. Ein Insekt summt vorbei, am Phlox flattert ein weißer Schmetterling. Die Sonne brennt, man meint fast, die trockenen Pflanzen knistern zu hören. Am Himmel, in weiter Ferne, brummt ein Flugzeug. Eine Sommerstimmung, wie ich sie eher aus dem Urlaub kenne. So lange so heiß war es noch nie, seit ich den Garten habe. So entspannt es für Menschen ist – größere Aktivitäten sind bei den Temperaturen ja nicht möglich – so anstrengend ist das für die Pflanzen. Die Wurzeln suchen tief nach der letzten Feuchtigkeit im Boden. Manche schaffen das gut, vor allem die größeren Pflanzen, die seit Jahren am Platz stehen. Andere verweigern das Wachstum, etwa die Roten Bete, der Salat, selbst die Bohnen stocken.

Den Gurken gefällt zwar die Wärme, doch vermissen auch sie das Wasser, was sie mit Bitterkeit quittieren. Einige Früchte quälen sie sich ab, die sind jedoch ungenießbar. Kurze Regenschauer und gelegentliches Wässern reichen einfach nicht aus. In so einem Sommer müsste jeden Abend gegossen werden, was ich nicht tue. Es wuchs ohnehin zu spärlich im Beet, als dass es lohnen würde. Glücklicherweise müssen wir nicht von dem Gemüse leben. Restlos erholt hat sich immerhin der Rosmarin, dem der letzte Frost im März stark zugesetzt hatte. Der Busch hat viele neue Triebe gebildet und ist dunkelgrün.

Immerhin Äpfel gibt es im Überfluss. Fast keiner ist makellos, doch viele sind essbar, wenn Druckstelle oder Wurmloch herausgeschnitten werden. Es sind ohnehin Äpfel einer – namenlosen – Sorte, die nur frisch schmecken, sie lassen sich nicht lange lagern. Die ersten Zwetschgen werden ebenfalls bald reif, vor allem das obere Drittel des Baumes ist dicht behangen. Es wird schwierig sein, heran zu kommen. Die Herbstanemonen sind früh dran, ihrer üblichen Zeit zwei, drei Wochen voraus, und sehen nicht ganz so frisch aus wie sonst. Immerhin bringen sie Blüten in den Garten. Anderes schmückt sich mit trockenen Samenständen, der Schnittlauch zum Beispiel oder die Akelei, bei Berührung fallen die Samen heraus.

Die Wilde Karde passt zur Zeit am besten zur Atmosphäre des Gartens, besser als die Herbstanemonen, der Phlox, der unbeirrt blüht und relativ frisch aussieht, oder das Chinaschilf, dessen Blütenwedeln in den Startlöchern stehen. Einige der Karden sind elfenbeinweiß ausgeblichen, alle sind sie stachelig und trocken.

Jeden Monat berichte ich im Magazin des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über m